Vita

Vor Jahren war Iris Bodenburg meine Meisterschülerin. Wie dies zustande kam, weiß ich nicht mehr, sicher über die Akademie der Künste. Gelegentlich war ich in Halle in ihrer Werkstatt, gelegentlich kam sie mit ihren Arbeiten zu mir nach Leipzig. Von Anfang an hatte ich das Gefühl, daß sie eine sehr eigenständige Künstlerin ist. Das war ihr sicher nicht bewußt, das ist gut, nicht reflektiert. Ich erinnere mich, daß sie es in ihrem Alltag nicht leicht gehabt hat. Dennoch hat sie diszipliniert ständig künstlerisch gearbeitet. Vor einigen Tagen schickte sie mir jede Menge Fotos von neuen Arbeiten. Ich war und bin fasziniert. Ein natürliches, starkes Talent, nichts ist ausgedacht, nichts ist modisch. Ihr Ernst, ihr Forminstinkt, ihr natürlicher Kontakt zum "Modell" ist beeindruckend. Ich sage und schreibe das wirklich nicht oft: Iris Bodenburg ist eine singuläre Künstlerin, ihre Arbeiten werden Bestand haben über die Jahre. Also wünsche ich ihr eine schöne, erfolgreiche Ausstellung.

Zum jetzigen Zeitpunkt, da die Bilder von Iris Bodenburg im eigenen Katalog publiziert werden, möchte ich es nicht versäumen, meine herzlichsten Glückwünsche zum Ausdruck zu bringen; verbunden mit einer Vision, die schon die Geburt eines eigenen großen Bildbandes vorausschaut. Nach vollständiger Ausbildung in westlicher Kunst und Malerei über viele Jahre erscheint jetzt Iris Bodenburg als Künstlerin großer Vollendung vor mir. Ich hatte Gelegenheit, Fotografien vieler ihrer Bilder zu sehen. Alle diese Arbeiten verrieten ihr ungewöhnliches Maltalent. Nun kommt sie ins ferngelegene China, um von mir klassische Chinesische Malerei zu lernen. Das zeigt vorausschauende Weitsicht und persönlichen Ehrgeiz. Die Malerei der Welt ist im Wesentlichen in zwei Kategorien unterschieden: die westliche Malerei und die klassische Malerei Chinas - die östliche Malerei. Beide Systeme sind von einander völlig getrennt, klar charakterisierbar und können sich einander nicht ersetzen. Iris Bodenburg als Malerin der westlichen Schule öffnet sich nun der Chinesischen Malkunst in einer Weise, daß ich allen Grund habe, anzunehmen, daß sie schon in naher Zukunft den Glanz der Weltkunst bereichern wird mit ihrer außergewöhnlichen und vielseitigen künstlerischen Zauberkraft.

[Prof. CAI ZHIXIN, Nanjing, China, Juli 1995]